Occhi-Ausstellung zeigt Handarbeitskunst im Karl-Mayer-Haus
Offenbach Post vom 15. Januar 2024 – von Michael Prochnow
Auf Einladung der Deutschen Spitzengilde und des Heimat- und Geschichtsverein in Obertshausen:
Elisabeth Dobler vom Occhi-Club Oberschwaben stellt die „Technik mit vielen Gesichtern“, Occhi, vor. Foto: m
Es ist die Kunst der Ringe, Bögen und Ösen. Sie werden mittels eines Leitfadens und einer bestimmten Knottechnik erstellt und sind Basis für vielfältige Motive, die mittlerweile durch die Fortentwicklung dieser Handarbeit möglich sind. Occhi heißt diese Form der Fadenführung. Elisabeth Dobler vom Occhi-Club Oberschwaben stellte die „Technik mit vielen Gesichtern“ jetzt auf Einladung der Deutschen Spitzengilde und des Heimat- und Geschichtsvereins im Karl-Mayer-Haus vor.
„Augen“ nennt sich die Kunst im deutschsprachigen Raum in der Übersetzung des Begriffs auf italienisch, die Italiener haben sie „il lavoro chiacchierino“ getauft, Tatting heißt sie in England, Frivolité in Frankreich und Makuk im Orient. Von dort kommt Occhi, vermuten die Gelehrten, oder aus China. Von 1702 ist ein Gedicht bekannt, das die „fleißigen Hände“ von Königin Mary von England beschrieb, die sich mit dem Knoten beschäftigte.
Fortan war es ein Steckenpferd der Damen des Hochadels, erläuterte Sprecherin Dobler bei der Eröffnung der Ausstellung. „Erstmals haben wir viel Raum, Vitrinen und Wände, um unsere Exponate zu präsentieren“, dankte sie den Gastgebern. Sie selbst habe Occhi schon als Kind gelernt, „seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen“. 1979 hat sie sich ein Handarbeitsheft mit einem Artikel über die Technik besorgt, dann „jedes Buch zum Thema gekauft und verschlungen“.
2009 gründete sie im Pfarrhaus ihrer Heimat Mittelbiberach den Club, in dem sich regelmäßig 15 Frauen im Alter zwischen 31 und 89 Jahren treffen und austauschen. Zudem bietet sie Kurse in Occhi und einen Stammtisch an. Am Samstag lief ein Workshop im Heimatmuseum, der ausgebucht war. „Es ist faszinierend, aus Faden einen Ring zu formen“, schwärmte sie, „und das ohne weitere Materialien“. Immer wieder finden sich auch Männer, die an der Kreativität mit Faden und Schiffchen interessiert sind, „einer hat sogar ein Buch über Occhi geschrieben“, informiert die Referentin.
1850 wurde die Gestaltung von Bögen erfunden, erfuhren die Interessierten, dann die sogenannten, mehrschichtigen Zwiebelringe, seit 1950 gelingt es den Occhi-Künstlerinnen, auch Buchstaben, Gesichter, Pflanzen und Blüten zu knüpfen. „Auf die unterschiedlichen Vorgehensweisen, vor allem auf Schmuck, bestehen strenge Urheberrechte“, informierte der Gast.
Die Schau zeigt mit Blumen verzierte Glückwunschkarten, mit filigranen Occhi-Ornamenten ummantelte Ostereier, komplette Naturmotive im Rahmen und einen Quilt von Elisabeth Dobler. In „Schönheit und Gefahr von Wasser“ vereinte sie in Weiß- und Blautönen einen Wasserfall mit Strudel und Gischt, Occhi mit Klöppelarbeiten und Filet auf Patchwork. Auch Bürgermeister Manuel Friedrich zeigte sich beeindruckt, dankte den Ausstellerinnen und lud zum Ausstellungsbesuch ein.
Die Ausstellung „Occhi – eine Technik mit vielen Gesichtern ist bis zum 24. März an jedem zweiten und vierten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr im Karl-Mayer-Haus, Karl-Mayer-Straße 10, geöffnet.
Fotos von der Ausstellungseröffnung am 12. Januar 2024
Blick in die Ausstellung