3. Mai 2020

Rundgang – Station 06

Der Raum für Vor- und Frühgeschichte

Im nächsten Raum auf der rechten Seite ist die Ausstellung über die Vor- und Frühgeschichte zu finden.

Als Vorgeschichte bezeichnet man die Epoche, die vor der Zeit der schriftlichen Überlieferungen liegt. Die Frühgeschichte setzt in Mitteleuropa mit der Zeit der Römer ein und reicht bis ins Hochmittelalter, also ca. 1050 – 1250 n. Chr.

Funde aus vorgeschichtlicher Zeit

Hausen und Obertshausen galten noch bis in die 1970er Jahre hinein als archäologisch „fundarme“ Gebiete. Umso höher ist die Bedeutung der zwischen 1978 und 1988 von der Vor- und frühgeschichtlichen Arbeitsgruppe Mühlheim in Rücksprache mit den zuständigen Stellen der Denkmalpflege durchgeführten Ausgrabungen im Hausener Wald hinter der Schwarzbachstraße einzuschätzen.

Wenn man die geborgenen Funde entsprechend ihrem geschätzten Alter einordnet, ist hier als erstes Exponat ein am Steinkautenweg (Grabungsstelle Hausen II) gefundener Schaber zu nennen. Er wurde aus einem Chalzedon-Abschlag (Feuerstein) gefertigt und gehört in die Zeit des Mittelpaläolithikums. Für Laien verständlicher kann hier von der Steinzeit, etwas genauer dem mittleren Abschnitt der Altsteinzeit gesprochen werden. Für Mitteleuropa wäre dies nach dem aktuellen Kenntnisstand etwa 130000 – 35000 Jahre v. Chr., also die Zeit des Neandertalers.

Ungefähr an gleicher Stelle wurden bereits im Jahr 1957 einige Scherben geborgen. Sie stammen von Gefäßen der späten Bandkeramik, die man der Jungsteinzeit, 4000 – 1800 v. Chr., zuordnen kann.

In Obertshausen wurde im Jahr 1926 von Julius Renk im Flurstück Leimenkaute, nahe dem Lohwald, ein bronzenes Lappenbeil gefunden. Es kann in die späte Bronzezeit, 1200 – 700 v. Chr. datiert werden. In Mitteleuropa wird diese Epoche auch Urnenfeldzeit genannt.

Von der Vor- und frühgeschichtlichen Arbeitsgruppe Mühlheim wurde im Hausener Wald auch ein Gräberfeld aus der Bronze- und Eisenzeit untersucht. Es handelt sich dabei um die Grabhügelgruppe „Seipelsee“ und „Häuser Eck“. Insgesamt konnten hier 49 Gräber freigelegt werden. Der Beginn der Belegung des Gräberfeldes liegt in der Bronzezeit. Die Gräber der älteren Eisenzeit bilden die größte Gruppe der Bestattungen. Die kleinste Belegungsgruppe datiert in die jüngere Eisenzeit.

An der Grabhügelgruppe Seipelsee wurden im Hügel 4 als Grabbeigabe vier Beinringe aus Zinn gefunden. Sie können in die frühe Eisenzeit, auch Hallstattzeit, datiert werden. (700 – 450 v. Chr.)

Zwei Fibeln (Broschen oder Schmucknadeln) konnten im Gräberfeld Häuser Eck geborgen werden. Es handelt sich dabei um eine Vogelkopf- und Vasenkopffibel, die aus der Zeit 450 – 380 v. Chr. stammen. Die späte Eisenzeit, in Mitteleuropa auch Latènezeit oder die Zeit der Kelten genannt. Unsere Fibeln stammen aus der frühen Latènezeit A.

Die Ausstellungsstücke zur Vorgeschichte wurden unserem Museum von der Vor- und frühgeschichtlichen Arbeitsgruppe Mühlheim überlassen. Unser Dank gilt deshalb Herrn Plackinger, dem Leiter der Gruppe, und Herrn Becker, der die Repliken hergestellt hat.

Eine Erkenntnis dieser Funde ist sicher, dass es bereits vor der Entstehung der Orte Hausen und Obertshausen in unserem lokalen Umfeld eine Besiedlung gegeben haben muss.

Die nächsten archäologischen Spuren sind über 1000 Jahre jünger – Sie fanden sich bei den Ausgrabungen am Hainweiher.


Grafiken Vorgeschichte:

  • (1) Skizzen des Schabers
    (1) Skizzen des Schabers

Die Burg im Hain

Für viele Bürger ist es ein eher unbekanntes Bauwerk. Alteingesessenen war früher nur der Hainweiher bekannt, der sich an dieser Stelle befunden hat. Eine schriftliche Überlieferung zu der mittelalterlichen Befestigungsanlage in Obertshausen befindet sich im Steinheimer Salbuch aus dem Jahr 1576: „item der Hayn umb die Borgk ist 9 morgen und stosst uff Epenstein“. Demnach umgab die Burg ein 9 Morgen großes Waldgebiet, das an die Eppsteiner Besitzungen in Obertshausen, ein Hofgut mit 150 Morgen landwirtschaftlicher Nutzfläche und 30 Morgen Wiesen, grenzte. Zur Entstehungszeit der Burg dürfte der Wald jedoch noch nicht vorhanden gewesen sein – denn wir wissen heute, dass die Anlage keine im Wald versteckte Fliehburg war, sondern ein Repräsentations- und Verteidigungsbauwerk. Die Herren von Hausen ließen die Burg vermutlich als Sitz und gleichzeitiges Statussymbol errichten – keine unübliche Praxis für den einfachen Adel zur damaligen Zeit. Dennoch bleiben die genauen Erbauer im Dunkeln.

Gesichert ist, dass die Burg unter den nachfolgenden Familien von Hainhausen und Eppstein an Bedeutung verlor und aufgegeben wurde. Über die Jahrhunderte diente die Burg als Steinbruch und die Bevölkerung bediente sich ihres Baumaterials. Aus den Ergebnissen der in den Jahren 1964 und 1974 stattgefundenen Grabungen und Untersuchungen wissen wir dennoch einiges über ihr Aussehen.

Die Turmburg aus Salischer Zeit (1024-1125) hatte einen runden Turm mit einem Außendurchmesser von 10,2 Metern und einer Mauerstärke von 2,4 Metern im Fundamentbereich. Eine aus unterschiedlichen Gesteinen errichtete gemörtelte Mauer mit einer durchschnittlichen Breite von 2,2 Metern umschloss eine Gesamtfläche von etwa 28 mal 31 Metern. Rund um die Ringmauer erstreckte sich eine 1 Meter breite Berme, also ein horizontaler Absatz. Danach schloss sich ein vorgelagerter Graben mit einer Tiefe von rund 2,5 bis 3 Metern an, der aufgrund des damals hohen Grundwasserspiegels ständig mit Wasser gefüllt gewesen sein durfte. Alles in allem war die kleine Anlage nicht das imposante Märchenschloss, das sich vergangene Generationen in ihrer Phantasie erträumten und von dem auch einige künstlerische Interpretationen existieren. Trotzdem hat die Burg im Hain für Obertshausen einige Bedeutung – denn es handelt sich dabei um die ältesten noch existierenden Siedlungsreste in unserer Stadt.


Grafiken – Burg im Hain:

  • (1) Die Burg im Hain, wie sie nach den neuesten Erkenntnissen ausgesehen haben könnte
    (1) Die Burg im Hain, wie sie nach den neuesten Erkenntnissen ausgesehen haben könnte

Vitrinen – Burg im Hain

  • Vitrine 1: Messergriff, Stempel, Spielstein
    Vitrine 1: Messergriff, Stempel, Spielstein


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