Kleines Beil, große Suche

Einziges archäologisches Fundstück aus Obertshausen zurück im Heimatmuseum

Offenbach Post vom 13. Januar 2024 – von Frank Sommer

Offenbach/Obertshausen – Das Rhein-Main-Gebiet ist nicht nur aktuell als Siedlungsgebiet beliebt, das war es auch schon vor vielen tausend Jahren. Etliche Funde aus der Stein-, Bronze- oder Eisenzeit belegen, dass Menschen an den Flüssen und Bächen der Region siedelten. An manchen Orten finden sich viele Zeugnisse früherer Menschen, etwa in Bieber, Steinheim, Dietesheim oder Hausen, an anderen weniger, etwa im Ortsteil Obertshausen.

Tatsächlich ist, während es in Hausen zahlreiche Funde aus Bronze- und Eisenzeit gibt, aus Obertshausen lediglich ein archäologisches Fundstück bekannt: ein Lappenbeil aus Bronze aus der Zeit der Urnenfelderkultur. Lange Jahre galt das Fundstück als verschollen, seit einigen Monaten ist es im Heimatmuseum Obertshausen zu sehen als einziges originales Fundstück aus der Stadt.

Denn die übrigen Exponate von Funden aus dem Hausener Wald sind Repliken, die Originale lagern im Mühlheimer Heimatmuseum. „Zwischen 1972 und 1988 hat die Vor- und Frühgeschichtliche Arbeitsgruppe Mühlheim/Main hier gegraben und sie besitzen die Originale“, sagt Armin Paul, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins Obertshausen.

Wie das einzige Original aus der Stadt nach Obertshausen zurückkehrte, ist eine eigene Geschichte: Gefunden wurde das 13,7 Zentimeter lange Beil von Julius Renk bei Grabungen in den 1920er Jahren, sagt Paul. Da die Grabung vom Verein für Naturkunde Offenbach durchgeführt wurde, ging es, wie seinerzeit üblich, in den Besitz des Vereins über und wurde in dessen Räumlichkeiten ausgestellt. Kreisbodendenkmalpfleger Karl Nahrgang erwähnte das Lappenbeil samt Zeichnung in seinem Buch „Die Bodenfunde der Ur- und Frühgeschichte im Stadt- und Landkreis Offenbach am Main“.

Heinz Kahl, Verfasser der Ortsgeschichte Obertshausens, stieß so auf das Fundstück. „Eine Anfrage beim Verein für Naturkunde, ob diese das Beil leihweise nach Obertshausen geben, wurde aber abschlägig behandelt“, sagt Paul. Also schaltete Kahl Nahrgang als Vermittler ein: Man einigte sich, dass eine Replik angefertigt werde, die im Rathaus Beethovenstraße ausgestellt werden sollte.

Das Beil wurde nach Mainz geschickt, die Replik angefertigt – doch das Original war plötzlich nicht mehr auffindbar. Weder in Mainz, noch beim Verein für Naturkunde oder in Obertshausen. „Es galt als verschollen“, sagt Paul.

Erst Jahrzehnte später, als sich der Verein für Naturkunde 2022 auflöste und daher seinen Besitz in die verschiedenen Kommunen gab, löste sich das Rätsel: Der Heimat- und Geschichtsverein erhielt eine umfangreiche Sammlung an Unterlagen zur Natur des Hengster-Gebiets, bei der Gelegenheit kam die Rede auf das in einem Verzeichnis des Naturkunde-Vereins erwähnte Lappenbeil. Vielleicht könne das Offenbacher Haus der Stadtgeschichte weiterhelfen, hieß es. „Tatsächlich war das Beil bei uns in der Dauerausstellung zu sehen“, sagt Museumsleiter Jürgen Eichenauer. Offenbar wurde das Original nach dem Abguss von Mainz aus versehentlich an das Offenbacher Stadtarchiv gesendet und dort fälschlicherweise als Fund aus Mühlheim-Dietesheim bezeichnet worden. Als das Haus der Stadtgeschichte 2004 in den Bernardbau zog, wurde es in die Dauerausstellung aufgenommen.

Seit vergangenem Jahr ist das Beil zurück in Obertshausen und inzwischen in der Ausstellung zu sehen. „Wir wollen den ehemaligen Ausstellungsraum zur Burg im Hain neu gestalten und uns dort mehr auf die Vor- und Frühgeschichte konzentrieren“, sagt Paul. Allerdings werde das noch etwas dauern, derzeit müssen Vorarbeiten für eine entsprechende Förderung vom Museumsverband geleistet werden. Derzeit wird das Beil und die Repliken der Hausener Funde, etwa Fibeln, Fußringe aus der Hallstattzeit oder eine römische Statuette, in einer Vitrine ausgestellt. „Für die Zukunft wollen wir anschaulicher und mit Displays arbeiten“, sagt Paul.

Das Heimatmuseum

an der Karl-Mayer-Straße 10 ist am zweiten und vierten Sonntag im Monat jeweils von 14 bis 17 Uhr geöffnet.