In wenigen Jahrzehnten vom Feldweg bis zur Schnellstraße

Wer die neue Chronik der Stadt Obertshausen zur Hand nimmt, wird sich bisweilen wundern, wie nah, zeitlich gesehen, Relikte aus der Vergangenheit und Errungenschaften der Moderne liegen. So war bis weit ins 20. Jahrhundert der Ochsenkarren ein verbreitetes Alltagstransportmittel, ob zum Transport der Ernte vom Feld ins Dorf oder zur Fahrt ins benachbarte Offenbach. Angesichts der Straßenverhältnisse ist das auch wenig verwunderlich, denn unbefestigte Straßen wahren innerorts wie über Land die Regel. Noch 1939 war in Obertshausen außer der Hauptdurchgangsstraße, also der heutigen Heusenstammer Straße und der Bahnhofstraße, keine Straße befestigt. Noch 1850 gab es in Hausen gerade einmal sieben Verkehrswege innerorts, bis 1939 waren es immerhin 21 nur zum Teil befestigte Straßen. Gehwege? Kanalisation? Fehlanzeige. Da mutet es fast kurios an, dass die Autobahn A 3 in Höhe Obertshausen bereits 1958 und damit keine zwanzig Jahre später eröffnet wurde. Die Motorisierung der Bevölkerung ging in den Wirtschaftswunderjahren der jungen Bundesrepublik schließlich rasant vonstatten – und ebenso der Straßenbau. Allein in Obertshausen wurden innerhalb von nur 20 Jahren 50 neue Straßen angelegt und auch Hausen verfügte schon 1969 über insgesamt 83 kanalisierte und asphaltierte Ortsstraßen. Bereits damals wurde der Durchgangsverkehr in den Orten zur Belastung, lange Rückstaus vor allem durch die Schranken am Bahnübergang in Obertshausen waren an der Tagesordnung. Die ersehnte Lösung ließ noch lange auf sich warten: Die Umgehungsstraße L 3117 verbesserte die Situation ab 1994, die Schranke im Ort verschwand jedoch erst mit dem S-Bahn-Bau und der Eröffnung des Omega-Tunnels im November 2000. Angesichts des heutigen Verkehrsaufkommens haben jedoch auch diese Lösungen ihre Wirksamkeit schon wieder eingebüßt, und manch einer fühlt sich zu den Stoßzeiten an die alten Zeiten mit dem Bahnübergang erinnert, wenn sich die Autos von der Gathof-Kreuzung bis zum Omega-Tunnel Stoßstange an Stoßstange reihen. Übrigens ist auch der eigene Autobahnanschluss für Obertshausen noch recht jung: Erst ab 1996 kam Obertshausen so zur fast täglichen Erwähnung in den überregionalen Verkehrsmeldungen, dem üblichen Pendlerstau auf einem der meistfrequentierten Autobahnabschnitte Deutschlands sei Dank.

Die vollständige Geschichte der Straßen – vom mittelalterlichen Fernweg „Alte Straße“ bis zur modernen Bundesstraße 448 – erfahren Sie in der neuen Chronik der Stadt Obertshausen, die der Heimat- und Geschichtsverein Obertshausen e.V. herausgegeben hat. Das Buch, das mit mehr als 360 Abbildungen und Grafiken anschaulich bebildert ist, ist Ende 2018 erschienen und im örtlichen Buchhandel erhältlich. Auch im Werkstattmuseum „Karl-Mayer-Haus“ in Obertshausen kann das Buch während der Öffnungszeiten oder im Rahmen der dortigen Veranstaltungen erworben werden.

Das Neu-Wirtshaus bei Hausen an der „Alten Straße“ um 1900. Im Vordergrund verläuft heute die moderne Trasse der Bundesstraße 448.
Das Neu-Wirtshaus bei Hausen an der „Alten Straße“ um 1900. Im Vordergrund verläuft heute die moderne Trasse der Bundesstraße 448.
Die Seligenstädter Straße in Hausen 1939. Der hier gezeigte Ortseingang lag damals in Höhe der heutigen Sparkassenfiliale. Man beachte die unbefestigten und zum Teil nicht vorhandenen Gehwege.
Die Seligenstädter Straße in Hausen 1939. Der hier gezeigte Ortseingang lag damals in Höhe der heutigen Sparkassenfiliale. Man beachte die unbefestigten und zum Teil nicht vorhandenen Gehwege.
Hausen mit St. Pius und dem Bürgerhaus vor 1964. Alle Straßen jenseits der Schillerstraße (im Vordergrund) bis zur heutigen Bundesstraße 448 (am oberen Bildrand) wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt.
Hausen mit St. Pius und dem Bürgerhaus vor 1964. Alle Straßen jenseits der Schillerstraße (im Vordergrund) bis zur heutigen Bundesstraße 448 (am oberen Bildrand) wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt.
Die Bahnhofstraße in Obertshausen um 1919.
Die Bahnhofstraße in Obertshausen um 1919.
Der Bahnübergang auf einer Postkarte von 1958. Zu sehen ist die Bahnhofstraße in Fahrtrichtung Hausen.
Der Bahnübergang auf einer Postkarte von 1958. Zu sehen ist die Bahnhofstraße in Fahrtrichtung Hausen.
Obertshausen 1965: Am rechten Bildrand ist die Autobahn zu sehen. Im Vordergrund werden im Neubaugebiet Lohwald Hochhäuser errichtet, am Bildrand links befindet sich die Waldstraße, in Bildmitte (von rechts unten nach links oben verlaufend) die Beethovenstraße. Rechts oben am Rembrücker Weg stehen schon etliche Häuser. Zwischen heusenstammer Straße und Beethovenstraße standen damals nur wenige Häuser – und viele der heutigen Straßen zwischen dem Rathaus in der Beethovenstraße und der Autobahn waren zu dieser Zeit noch gar nicht angelegt.
Obertshausen 1965: Am rechten Bildrand ist die Autobahn zu sehen. Im Vordergrund werden im Neubaugebiet Lohwald Hochhäuser errichtet, am Bildrand links befindet sich die Waldstraße, in Bildmitte (von rechts unten nach links oben verlaufend) die Beethovenstraße. Rechts oben am Rembrücker Weg stehen schon etliche Häuser. Zwischen heusenstammer Straße und Beethovenstraße standen damals nur wenige Häuser – und viele der heutigen Straßen zwischen dem Rathaus in der Beethovenstraße und der Autobahn waren zu dieser Zeit noch gar nicht angelegt.
Obertshausen 1926: Die Heusenstammer Straße war damals nicht befestigt, genauso wenig wie die links einmündende Wilhelmstraße.
Obertshausen 1926: Die Heusenstammer Straße war damals nicht befestigt, genauso wenig wie die links einmündende Wilhelmstraße.