Zwangsarbeiter während des zweiten Weltkrieges
In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg hatten die Nationalsozialisten nur wenig Gelegenheit, ihre wirren Theorien vom Deutschen Herrenmenschen gegenüber den anderen europäischen Völkern zu praktizieren. Zu zahlreichen Begegnungen mit den Angehörigen fremder Völker und Nationen kam es dann während des Krieges, einerseits für die Soldaten an der Front, andererseits in der Heimat durch die Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen.
Polen waren die ersten Ausländer, die in größerer Zahl ins Reichsgebiet kamen. Nach den Eroberungen in Westeuropa folgten im Sommer 1940 Franzosen, Belgier und Holländer. Als die Nachfrage der Industrie und der Landwirtschaft nach Arbeitskräften durch den Einsatz von Kriegsgefangenen nicht mehr gedeckt werden konnte, holte man Zivilisten aus den besetzten Gebieten zum Arbeitseinsatz ins Reichsgebiet.
Zwangsarbeiter in Obertshausen
In Obertshausen sind für das Jahr 1942 die ersten drei polnischen Zwangsarbeiter bekannt, die in landwirtschaftlichen Betrieben arbeiten müssen. Bis 1945 steigt ihre Zahl auf 22 Personen an, die alle aus Polen, der Ukraine, Russland und Weißrussland stammen. Die jeweils 11 Frauen und Männer waren direkte in den landwirtschaftlichen Betrieben oder in den Privatwohnungen untergebracht.
Anfrage und Antwort Gemeinde Obertshausen wegen drei polnischen Zwangsarbeiter – Ab Sommer 1942 beschäftigt
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

Schreiben Landesversicherungsanstalt an Gemeinde Obertshausen wegen drei polnischen Zwangsarbeiter - Mai 1943

Antwort Gemeinde Obertshausen wegen drei polnischen Zwangsarbeiter - Ab Sommer 1942 beschäftigt
Erfassung 11 Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

16 Personen mussten für die Firma Karl Mayer arbeiten und waren in einem Lager am damaligen Firmensitz in der Brühlstraße 15 untergebracht. Unter ihnen 10 Frauen aus der Ukraine und sechs Männer aus Frankreich und Belgien.
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

Verzeichnis Karl Mayer - 10 sowjetrussische Zwangsarbeiter-DSGVO

Karl Mayer - Anmeldung 6 neue belgisch-französische Zwangsarbeiter - 22.04.1944-DSGVO

Erstes Büro- und Fabrikgebäude Karl-Mayer Werk Brühlstraße 15, 1940

Verzeichnis von 47 Zwangsarbeitern in Obertshausen
Die Frankfurter Firma Hartmann & Braun stellte Messgeräte her, und gehörte im zweiten Weltkrieg deshalb zu den „kriegswichtigen“ Betrieben. Von Anfang 1943 bis März 1945 wurden zur Aufrechterhaltung der Produktion etwa 340 Frauen, vorwiegend aus der Ukraine, aus Russland und Weißrussland, als Zwangsarbeiterinnen im Praunheimer Werk eingesetzt.
Ab Juni 1944 betrieb Hartmann & Braun auch ein Arbeitslager in Obertshausen. In der Straße der S.A. Nr. 3 (heute Waldstraße) wurden im Juli und August 1944 19 Zwangsarbeiterinnen beschäftigt. Bekannt ist die Örtlichkeit als „Gaststätte zum Gambrinus“, die auch einen großen Festsaal besaß. Das Gebäude wurde erst vor wenigen Jahren abgerissen und durch einen neuen Wohnkomplex ersetzt. Bis Kriegsende im März 1945 mussten hier insgesamt 39 Zwangsarbeiterinnen für die Rüstungsindustrie als Transportarbeiterin, Montagearbeiterin und Eicherin ihren Dienst verrichten.
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

Lager Obertshausen - 10 Personen

Liste von 62 Personen, 39 davon haben für die Fa. Hartmann & Braun gearbeitet

Liste von 19 „Ostarbeiterinnen“, die von Frankfurt am Main nach Obertshausen, Straße der S.A. 3 (Arbeitslager der Firma Hartmann & Braun) „zugezogen“ sind.
Ähnliche Messgeräte ließ die in Frankfurter-Sachsenhausen angesiedelte Firma Schoeller & Co. ab 1944 ebenfalls in Obertshausen produzieren. Für sie mussten mindestens fünf Zwangsarbeiter in den Räumlichkeiten der Lederwarenfirma Jonas Höf II in der Moltkestraße 5, heute Wilhelm-Leuschner-Straße, tätig sein. Die Menschen stammten aus Frankreich, Belgien und Holland, darunter drei Frauen und zwei Männer.
Schöller & Co., zwei Holländer, ein Franzose, ein Belgier
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

Ausländerüberwachung 22.09.1944
Laut des Fabrikanten Karl Mayer wurden die Zwangsarbeiter, die in seinem Betrieb arbeiten mussten, genauso behandelt, wie die anderen Arbeiter auch. Zu Kriegsende waren insgesamt 120 Personen bei der Firma Karl Mayer beschäftigt.
(Quelle: Chronik Obertshausen-Hausen 1993 „Im Strom der Zeit“, Seite 275)
Laut Berichten von Zeitzeugen gab es zwischen der Alexanderstraße und dem Bahnhof ein weiteres Lager, in dem größtenteils Italiener untergebracht waren. Da Deutschland und Italien im 2. Weltkrieg Alliierte waren, ist anzunehmen, dass es sich hierbei nicht um Zwangsarbeiter, sondern um freiwillig rekrutierte Fremdarbeiter gehandelt hat. In diesem Lager wurden nach dem 2. Weltkrieg Flüchtlingen untergebracht.
Einem der Obertshausener NS-Funktionsträger wurde nach dem Kriege bescheinigt, er sei „gegen die Fremdarbeiter ganz besonders hilfreich und zuvorkommend“ gewesen und habe ihnen zusätzliches Essen beschafft.
Grafik O07-14 – NS-Funktionsträger wird bescheinigt Fremdarbeitern besonders hilfreich und zuvorkommend gewesen zu sein – (StAOH, XIX/4/-/32)
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

NS-Funktionsträger wird bescheinigt Fremdarbeitern besonders hilfreich und zuvorkommend gewesen zu sein - (StAOH, XIX/4/-/32)
Gegen Ende des zweiten Weltkrieges beantragt die Gemeinde Obertshausen für den Feldschützen D. einen Waffenschein, da durch die „vielen ausländischen Arbeiter, die in Deutschland anwesend sind, zunehmend mit Feldfrevel zu rechnen sei. Zu seiner eigenen Sicherheit sei er deshalb „auf das Tragen einer Schusswaffe angewiesen“.
Antrag an das Landratsamt Ausstellung Waffenschein für Feldschütze D. – (StAOH, XV/3a/-/4)

Antrag an das Landratsamt Ausstellung Waffenschein für Feldschütze D. - (StAOH, XV/3a/-/4)
Zum Kriegsende registrierten die befreienden Militärs in Obertshausen 55 Zwangsarbeiter. Der größte Teil kam aus Russland und der Ukraine
(Quelle: Offenbach Post vom 13.11.2000, Bericht über Vortrag von Gerhard Müllers Vortrag zu Zwangsarbeiter in Obertshausen, den er im Werkstattmuseum „Karl-Mayer-Haus“ gehalten hat.)
Legende Grafiken und Bilder
(Grafik O07-01)
Schreiben Landesversicherungsanstalt an Gemeinde Obertshausen wegen drei polnischen Zwangsarbeiter – Mai 1943
(Grafik O07-02)
Antwort Gemeinde Obertshausen wegen drei polnischen Zwangsarbeiter – Ab Sommer 1942 beschäftigt
(Grafik O07-03)
Betreffend: Ausländerüberwachung 22.09.1944
(Grafik O07-04)
Lager Obertshausen – 10 Personen
(Grafik O07-05)
Liste von 62 Zwangsarbeitern
(Grafik O07-07)
Altsowjetisches Gebiet war z.B. Weißrussland und die Ukraine. Die 10 Zwangsarbeiterinnen stammten alle aus einem Bezirk in der heutigen Ukraine.
(Grafik O07-08)
Von den sechs männlichen Zwangsarbeitern stammten vier aus Belgien, zwei aus Frankreich.
(Grafik O07-11)
Aufstellung von 11 Zwangsarbeiter, die in landwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt wurden. Sie stammte aus der Ukraine und aus Polen, darunter sieben Frauen und vier Männer.
(Grafik O07-12)
Bei den 19 Zwangsarbeiterinnen wird als Staatsangehörigkeit „Russland“ angegeben. Sie stammten aber größtenteils aus der Ukraine. Da sie aus Frankfurt nach Obertshausen „zugezogen“ sind, waren die Zwangsarbeiterinnen vermutlich vorher im Arbeitslager der Firma Hartmann & Braun in Praunheim tätig.
(Grafik O07-14)
Trotz seiner Rolle als „DAF-Ortswalter“, wurde der NS-Funktionsträger nur als Mitläufer eingestuft. Die Sühnemaßnahme bestand in einem einmaligen Betrag von 700,00 RM, die an einen Wiedergutmachungsfond zu zahlen waren. Weiterhin durfte von ihm für die Dauer von einem Jahr keine leitende Stellung innerhalb eines Betriebes oder Behörde bekleidet werden.
Im Verfahren der Entnazifizierung war „Mitläufer“ die vierte von fünf Kategorien; die erste Kategorie war „Hauptschuldiger“.
(Grafik O07-15)
Ob der Feldschütz die beantragte Waffe noch erhalten hat, ist unbekannt. Etwa sechs Wochen später wurde Obertshausen durch die amerikanische Armee befreit. Somit war neben dem zweiten Weltkrieg glücklicherweise auch die Zeit der Zwangsarbeiterschaft beendet.
(Grafik O07-16)
Erstes Büro- und Fabrikgebäude der Firma Karl Mayer in der Brühlstraße 15. Es wurde 1940 errichtet, die Werkstatt hatte eine Fläche von 300 qm.
(Grafik O07-17)
Gasthaus „zum Gambrinus“, in dem ab 1944 Zwangsarbeiterinnen der Frankfurter Firma Hartmann & Braun tätig waren.
(Grafik O07-18)
Gaststätte Gambrinus mit Saal im Jahr 2016, kurz vor dem Abriss.
(Grafik O07-19)
Gedenktafel für die Zwangsarbeiterinnen der Firma Hartmann & Braun, die im Praunheimer Werk in der Ludwig-Landmann-Str. arbeiten mussten.
(Grafik O07-20)
Foto vom Lager, wie es sich in den 1950er Jahre dargestellt hat. Es befand sich auf der Rückseite der Bahnhofstraße, ungefähr auf Höhe der heutigen Bahnhofsapotheke.
