Zwangsarbeiter während des zweiten Weltkrieges
In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg hatten die Nationalsozialisten nur wenig Gelegenheit, ihre wirren Theorien vom Deutschen Herrenmenschen gegenüber den anderen europäischen Völkern zu praktizieren. Zu zahlreichen Begegnungen mit den Angehörigen fremder Völker und Nationen kam es dann während des Krieges, einerseits für die Soldaten an der Front, andererseits in der Heimat durch die Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen.
Polen waren die ersten Ausländer, die in größerer Zahl ins Reichsgebiet kamen. Nach den Eroberungen in Westeuropa folgten im Sommer 1940 Franzosen, Belgier und Holländer. Als die Nachfrage der Industrie und der Landwirtschaft nach Arbeitskräften durch den Einsatz von Kriegsgefangenen nicht mehr gedeckt werden konnte, holte man Zivilisten aus den besetzten Gebieten zum Arbeitseinsatz ins Reichsgebiet.
Zwangsarbeiter in Hausen
Die ersten polnischen Arbeitskräfte trafen spätestens im März und April 1940 in Hausen ein und wurden verschiedenen Landwirten zugeteilt. Bei den Bauern ging es den „Fremdarbeitern“ in aller Regel besser als in den Lagern. Im November 1941 beschwerte sich allerdings einer der in Hausen beschäftigten polnischen Landarbeiter beim Arbeitsamt in Offenbach und führte Klage, Landwirt L. würde ihn misshandeln.
Der Zeitzeuge Johann Vetter berichtete 1988 einer Schülerarbeitsgruppe, die sich mit dem Thema Zwangsarbeiter in Obertshausen und Hausen beschäftigte, dass einer dieser Männer bei seiner Ankunft in Hausen ängstlich das Haus betrat und sich auf der Suche nach einem „Führerbild“ oder einer ähnlichen NS-„Ikone“ umschaute. Als er stattdessen eine „Mutter-Gottes“ entdeckte, fiel er überglücklich auf die Knie und begann zu beten. Wer hart arbeitete, bekam auch genug zu essen. Die Zwangsarbeiter mussten dies allerdings neun bis zehn Stunden an sechs bis sieben Tagen in der Woche tun. Der Ortsgruppenleiter Adam Winter II. warnte die Bauern stets, nicht mit den Fremdarbeitern an einem Tisch zu essen, und sie nicht im Haus schlafen zu lassen, offenbar hielt sich aber kaum jemand an diese Mahnung. In den Lagern war die Versorgung deutlich schlechter, im s.g. Russenlager wurde gehungert. (Quelle: Offenbach Post vom 04.06.1988 und weitere Auskünfte durch Johann Vetter)
erste polnische Arbeitskräfte ab März 1940
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

H10-01a Quelle 5 - erste polnische Arbeitskräfte ab März 1940 - StAH, VIII_21_2_GP

H10-01b Quelle 5 - erste polnische Arbeitskräfte ab März 1940 - StAH, VIII_21_2_GP
Beschwerde eines polnischen Arbeiters wegen Misshandlung
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

H10-02 Quelle 6 - Beschwerde eines polnischen Arbeiters wegen Misshandlung, 3_11_1941 - StAH, VIII_21_5_GP
Angesichts der ungenügenden Ernährung verwundert es nicht, dass die Ausländer teilweise bei der einheimischen Bevölkerung zu betteln begannen. Wie ein Hohn klingt da die Behauptung des Landratsamtes in Offenbach vom Februar 1944: „Die Ausländer sind mit allem versorgt, was sie brauchen, sie leiden keine Not“.
(Quelle: Rundschreiben des Landratsamtes Offenbach (zu dieser Zeit in Obertshausen untergebracht) vom 28. Februar 1944 an die Bürgermeistereien. – StAH, VIII/22/2)
Mit einem Schreiben vom 6. April 1943 werden die Bürgermeistereien der Städte und Gemeinden des Kreises Offenbach aufgefordert, die Belegschaftsstärke der Betriebe bei denen mehr als 10 ausländische Arbeitskräfte eingesetzt sind, in einem Verzeichnis vorzulegen. In Hausen wurden sie u.a. in der Metallwaren-Fabrik und Metallgießerei Wolf & Becker und in dem Betrieb für Hoch-, Tief-, Beton, Eisenbeton- und Straßenbau Adam Vetter beschäftigt.
Bei der Firma Jakob Wolf & Co. werden am 6.4.1943 insgesamt 131 Zwangsarbeiter beschäftigt, darunter 40 männliche und 60 weibliche „Ostarbeiter“, vermutlich Polen und Russen. Weiterhin werden 31 französische Zwangsarbeiter, hier Zivilarbeiter genannt, ihren Dienst verrichten.
Beschäftigungsstände von 1942 bis 1943
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

H10-03 Quelle 8 - Anfrage Landratsamt Beschäftigungsstätten ab 10 Zwangsarbeiter, 6_04_1943_GP

H10-04 Quelle 8a - Beschäftigungsstätten ab 10 Zwangsarbeiter - Wolf & Co. - Adam Vetter, 12_04_1943 - StAH, VIII_21_22_GP

H10-05 Quelle 8b - Beschäftigungsstätte mit 9 Zwangsarbeitern - Hugo Vetter-DSGVO_GP

H10-06 Quelle 8c - Beschäftigungsstätte mit 9 Zwangsarbeitern - nun genannt franz. Zivilarbeiter - Hugo Vetter, 22_07_1943_GP
Beschäftigungsstände von 1942 bis 1943
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

H10-03 Quelle 8 - Anfrage Landratsamt Beschäftigungsstätten ab 10 Zwangsarbeiter, 6_04_1943_GP

H10-04 Quelle 8a - Beschäftigungsstätten ab 10 Zwangsarbeiter - Wolf & Co. - Adam Vetter, 12_04_1943 - StAH, VIII_21_22_GP

H10-05 Quelle 8b - Beschäftigungsstätte mit 9 Zwangsarbeitern - Hugo Vetter-DSGVO_GP

H10-06 Quelle 8c - Beschäftigungsstätte mit 9 Zwangsarbeitern - nun genannt franz. Zivilarbeiter - Hugo Vetter, 22_07_1943_GP
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Die Zwangsarbeiter der Metallwarenfabrik Wolf & Becker waren im firmeneigenen Lager („Ostarbeiter“), Steinheimer Str. 11, sowie im „Klubgebäude des Fußballklubs Teutonia“ bzw. im ersten Stock einer Bäckerei Malsy (die „Franzosen“) in der Adolf-Hitler-Straße 7, heute Kapellenstraße untergebracht. Die Stärke der deutschen Belegschaft beträgt zu dieser Zeit 173 männliche und 105 weibliche, aslo insgesamt 378 Mitarbeiter. Die Quote der Zwangsarbeiter betrug somit ca. 47%.
Die Hoch- und Tiefbaufirma Adam Vetter betrieb ebenso ein eigenes „Ostarbeiterlager“ in der Bernardstraße 13 für 7 Personen sowie ein Lager für die französischen Kriegsgefangenen in der Adolf-Hitler-Straße 12, heute Kapellenstraße, für 10 Personen. Sie beschäftigten zu diesem Zeitpunkt 17 Zangsarbeiter, darunter 7 Ostarbeiter und 10 französische Kriegsgefangene. Insgesamt 18 deutsche Mitarbeiter wurden beschäftigt, Somit war fast jeder zweite Beschäftigte dieser Firma ein Zwangsarbeiter.
Im Dampfsägewerk und der Holzhandlung Hugo Vetter werden am 12. Juli 1943 insgesamt 9 französische Zwangsarbeiter beschäftigt, die bis dato als „Kriegsgefangene“ bezeichnet werden. Ab dem 11.07.1943 sind die gleichen Personen dann „französische Zwangsarbeiter“. Sie waren vermutlich azf dem firmeneigenem Gelände, ebenfalls in der Bernardstraße untergebracht.
Am 31. Juli 1943 meldet der Bürgermeister an das Landratamt in Offenbach, dass in Hausen insgesamt 166 „fremdländische Arbeitskläfte“ beschäftigt sind.
Die persönlichen Daten der Zwangsarbeiter wurden u.a. auf Arbeitskarten festgehalten. Acht Arbeitskarten der Firma Jakob Wolf & Co. für den französischen Zwangsarbeiter sind erhalten geblieben.
Die Zahl der in Hausen untergebrachten bzw. beschäftigten Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen nahm im Laufe des Krieges stetig zu. Am 19. April 1945 waren allein im Lager Wolf & Co. 301 „Ostarbeiter“ untergebracht, davon 11 Kinder unter 14 Jahren.
Ein Mitarbeiter der Fa. Wolf & Becker (die spätere YMOS), Willi Kraus, berichtete 1971 in der örtlichen Presse, dass sich im März 1945 über 500 Zwangsarbeiter auf dem Betriebsgelände versammelt haben. Zu diesem Zeitpunkt wurde Hausen von amerikanischen Truppen befreit. (Quelle: Zeitzeuge Willi Kraus, „ein Mitarbeiter der ersten Stunde“, berichtet in der Ausgabe der Gemeindepost Hausen vom 07.04.1971 über seine Zeit bei der YMOS)
Unterbringungslager, Arbeitskarten, weitere Materialien und sonstige Schreiben
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

H10-07 Quelle 9 - Unterbringungslager Wolf & Co, StAH, VIII_21_17_GP

H10-08 Quelle 9b - Unterbringungslager Adam Vetter - StAH, VIII21_17_GP

H10-09 Quelle 9 -Anzahl fremdländischer Arbeitskräfte in Hausen, 30_07_1943, StAH VIII2117_GP

H10-10 Quelle 10 - Arbeitskarte für einen Fremdarbeiter (Kriegsgefangener) - DSGVO_GP

H10-11 Quelle 11 - Hausener, die beschuldigt wurden, Zwangsarbeiter nicht gut behandelt zu haben, StAH, XIX_3_9 und 10_GP
Über die Behandlung der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen durch die örtlichen Behörden und die Bevölkerung ist nicht viel bekannt. Zwei Hausener, Landwirt L. und Fritz Becker, wurden allerdings nach dem Krieg beschuldigt, die „Fremdarbeiter nicht gut behandelt zu haben“.
Sonstiges
(wegen der DSGVO sind die Namen unkenntlich gemacht)

H10-12 Quelle 12 - Schreiben Landratsamt zu entwichenen Zwangsarbeitern, 17_08_1943 - StAH, VIII_21_18

H10-13 Quelle 13 - Schreiben Landratsamt gegen bettelnde Zwangsarbeiter, 28_02_1944 - StAH, VIII_22_2

H10-14 Quelle 7 - Die Zahl der Zwangsarbeiter in Hausen steigt im Verlauf des Krieges stetig an - StAH, V_4_9_GP

H10-16b - Luftbild Ymos 1954, altes Betriebsgelände an der Steinheimer Str und Klubhaus Teutonia-Markierungen_GP

H10-18 Adolf-Hitler-Str. 7 - Bäckerei Malsy, in den frühen 1970er Jahren_GP

H10-19 - Haus Adolf-Hitler-Str. 12_GP

H10-20 - Mahnmahl fuer Zwangsarbeiter auf dem neuen Friedhof in Offenbach_GP
