Die Pest löscht Hausen fast aus

Offenbacher Historiker und Bieberer Buchautor sprechen über den Dreißigjährigen Krieg in der Region

von Michael Prochnow

OBERTSHAUSEN –Angefangen hat es mit dem Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618. Vor 400 Jahren begann eine der verheerendsten Auseinandersetzungen, die sich vor allem auf deutschem Boden abgespielt hat. „Der Dreißigjährige Krieg bei uns“ lautete das Thema eines Vortrags des Historikers Vicente Such-Garcia vom Haus der Stadtgeschichte Offenbach und des Bieberer Buchautors und Verlegers Christian Kodritzki. Rund 40 Interessierte waren auf Einladung des Heimat- und Geschichtsvereins ins Karl-Mayer-Haus gekommen.

Wütende Protestanten hatten an jenem Maitag im Jahr 1618 katholische Statthalter aus einem Fenster geworfen.

Es war der Auslöser jenes Krieges um die Vorherrschaft im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und in Europa, der sich an der Religion entzündet hatte. Die Auswirkungen waren in ganz Deutschland katastrophal, denn es lag im Mittelpunkt dieses europäischen Krieges.

Gemeinsam mit ihren jeweiligen Verbündeten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation trugen die habsburgischen Mächte Österreich und Spanien ihre Interessenskonflikte mit Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden aus. Das Rhein-Main-Gebiet blieb von den meisten Kampfhandlungen verschont, erlitt aber wegen durchziehender Heere starke Verwüstungen. Hungersnöte und Seuchen entvölkerten ganze Landstriche, die Hexenverfolgung kostete viele Frauen das Leben.

Kontrahenten in der Region waren das katholische Kurfürstentum Mainz und die lutherische Grafschaft Hessen- Darmstadt auf der einen Seite und die protestantisch-reformierte Grafschaft von Isenburg-Büdingen in Offenbach und Dreieich auf der anderen.

Hausen und Obertshausen gehörten zu Kurmainz und wurden vom „Amt Steinheim“ verwaltet. Um das Jahr 1630 errang nach dem Ausscheiden Dänemarks die katholische Liga kurzzeitig die Oberhand. Dies änderte sich, als die Schweden mit ihrem König Gustav Adolf in den Krieg eintraten.

Als seine Truppen am 13. November 1631 bei Steinheim über den Main setzten, kam es zu einer Auseinandersetzung, an der auch Soldaten aus Hausen und Obertshausen beteiligt waren. Nach drei Tagen Belagerung wurde Steinheim von den Schweden eingenommen. Damit gerieten auch Hausen und Obertshausen unter schwedische Herrschaft. „Es ging nicht nur um den Glauben, es ging um Macht, Landbesitz und Geld“, stellt Such-Garcia klar. So änderte sich die konfessionelle Zusammensetzung der Verbündeten ständig. „Wenn‘s um Einfluss geht, spielt Konfession keine Rolle.“ Zudem raubten, mordeten und vergewaltigten einfache Soldaten – „was ist daran christlich?“

Das Rhein-Main-Gebiet war damals Teil der Grafschaft Katzenelnbogen und Schauplatz des Hessenkriegs, nachdem der Darmstädter Landgraf vom Mainzer Bischof gegenüber dem Kasseler mit Ländereien bevorzugt worden war. Die Zuhörer erfahren viel über Frankfurt als Freie Reichsstadt, die nur dem Kaiser Untertan und protestantisch war, versuchte, sich neutral zu zeigen, und trotz Krieg jährlich zwei Handelsmessen ausrichtete. 1631 hat Gustav Adolf Aschaffenburg eingenommen, dann Hanau und Steinheim.

Die Schweden blieben bis 1635, besetzten kurzzeitig auch Hanau und Seligenstadt. Die Pest, von Soldaten eingeschleppt, ließ Mühlheim auf 44 Einwohner schrumpfen, Dietesheim auf 46. Lämmerspiel hatte noch acht. In Hausen lebten noch sieben Menschen, in Obertshausen 20. ***

Buchautor Christian Kodritzki und Historiker Vicente Such-Garcia sprachen über den Dreißigjährigen Krieg
Buchautor Christian Kodritzki und Historiker Vicente Such-Garcia sprachen über den Dreißigjährigen Krieg