17. Oktober 2021

O08 – Alte Post – Wirtshaus und Metzgerei Hindelang

O08 Alte Post – Wirtshaus und Metzgerei Hindelang

Eine Haltestelle der Postkutsche in Obertshausen war das ehemalige Gasthaus „Zur Post“. Noch heute steht dieses stattliche Gebäude an der Ecke Heusenstammer/Max-Plack-Straße, das bis vor wenigen Jahre auch noch seinen alten Namen trug.

Von der Postkutsche bis zum modernen Autotransporter

Dreihundert Jahre lang – von etwa 1600 bis etwa 1900 – bestimmten Postwagen und Kutschen das Straßenbild in Deutschland. Das bedeutete eine Monopolstellung, die zu Lande bis auf den heutigen Tag ohne Vergleich ist.

Im späten 16. Jahrhundert wurden Fuhrwagen zu Messezeiten mit jahreszeitlich bedingter Regelmäßigkeit eingesetzt, doch noch im 17. Jahrhundert kamen für die Belange des Reiseverkehrs in der Hauptsache bäuerliche Lohnfuhrwerke auf, die meist in den Herbergen anzuwerben waren.

Der große Fortschritt, der sich auf dem Sektor der Personenbeförderung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vollzog, bestand in der Einrichtung von Wagenkursen, auf denen der Reiseverkehr planmäßig abgewickelt wurde. Diese „Ordinari-Post“ – die gewöhnliche und regelmäßig eingesetzte Fahrpost – verkehrte planmäßig, zu festgesetzten Zeiten. Sie bewirkte die Institutionalisierung des Reisens.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts hatte das Reisesystem der „Ordinari-Post“ ein hohes Maß an räumlicher und zeitlicher Dichte erlangt. Auf stark frequentierten Routen verkehrte der Postwagen bereits täglich. Doch im Vergleich mit den europäischen Nachbarn blieb der deutsche Postreiseverkehr im Hintertreffen. Unendlich viele souveräne und halbsouveräne Fürstenstaaten mit nicht weniger vielen Zollschranken, sowie ein zögerlicher Ausbau des Straßennetzes führten zu beschwerlichen Postwagenfahrten.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzten die Postanstalten bei der Personenbeförderung neue Maßstäbe. Die Aufenthaltszeiten an den Relaisstationen wurden auf das äußerste beschränkt, der Personenverkehr durchorganisiert und beschleunigt. Die 1821 eingeführten Eilwagen und Schnellposten brachten es mit sich, dass sich die Fahrzeiten nahezu halbierten. Auf der Strecke Berlin – Hamburg verkürzte die Schnellpost die alte Fahrzeit von 85 bis 91 Stunden auf 31 Stunden, auf dem Eilwagenkurs von Frankfurt nach Stuttgart von 40 auf 25 ‚ Stunden.

Die Eisenbahn nahm den Postwagen im 19. Jahrhundert ihre Vorrangposition und konfrontierte die Passagiere mit einem völlig neuen Reisetempo. Lediglich in entlegenen Regionen behielt die Postkutsche zunächst ihre Position.

Das Ende der romantischen Postillion-Ära wurde 1898 eingeleitet, als der erste Daimler- Motoromnibus die Straßen des württembergischen Postkurses zwischen Künzelsau und Mergentheim befuhr. 20 Jahre später hatte der Motorwagen das Pferdefuhrwerk ersetzt.

Die Postgeschichte in Obertshausen und Hausen

Das an der „alten Straße“ gelegene „Neuwirtshaus“ diente seit seiner Erbauung im Jahre 1803 als Anlaufstation des Postdienstes auf der Strecke Offenbach-Bieber- Seligenstadt.

Der Postdienst wurde im Großherzogtum Hessen seit 1818 durch den „Fürsten von Thurn und Taxis“ betrieben. Je nach ihrem Gegenstand und Gewicht wurden die Postsendungen mit der Briefpost oder der Fahrpost befördert. Daneben standen Personenposten bereit. Schon vor 1841 bestand die Route von Frankfurt über Offenbach nach Seligenstadt. Offenbach als Posthalterei erhielt mit dem 01.10.1841 einen Poststall zum Wechseln der Pferde. Die Strecke nach Seligenstadt mit einer Entfernung von einer Meile kostete beim Fahren in der Kutsche 16 Kreuzer (kr) und „auf dem Bock“ 12 kr, 1869 waren es 14 kr. Groß-Steinheim erhielt am 15.03.1860 eine Postexpedition mit täglicher Verbindung nach Offenbach und Seligenstadt. Das Neuwirtshaus war auch Station für diese Steinheimer Verbindung. Ein Reisender hatte für die Fahrt von Offenbach zum Neuwirtshaus ein Personengeld von 16 kr, 1869 für die 1 1/4 Meilen lange Strecke 18 kr zu zahlen; vom Neuwirtshaus nach Groß-Steinheim kostete die Fahrt 12 kr. Das Reisen in einer Postkutsche war also für die damaligen Verhältnisse sehr teuer, deshalb konnte man sich nur ab und zu eine Fahrt mit ihr leisten.

Die Postkutsche fuhr auch nur die Orte an, in denen sich eine Poststation befand. Die anderen Orte wurden vom einem vom Kreisrat in Offenbach angestellten „Bezirksboten“ versorgt. Er hatte an jedem Mittwoch und Samstag zwölf Orte zu besuchen, um dort Dienst- und Privatpost abzuliefern oder mitzunehmen und sie grundsätzlich zur Verteilerstelle, die für unseren Bezirk um 1852 in Seligenstadt bestand, zu bringen. Auch war es ihm erlaubt, Briefe schon vorher dem Thurn und Taxischen Postdienst zu übergehen, wenn dieser einen „Posten“ in den besuchten Orten unterhielt. Ein schnellerer Postbeförderungsdienst war dadurch gewährleistet. Für Hausen und Obertshausen war im Jahr 1852 Johannes Kunkel zu Seligenstadt zuständiger Bezirksbote, der an den genannten Besuchstagen folgenden engen Zeitplan einzuhalten hatte:

Kleinkrotzenburg morgens 6 Uhr
Hainstadt morgens 7 Uhr
Kleinauheim morgens 7 ½ Uhr
Großsteinheim morgens 9 Uhr
Kleinsteinheim morgens 9 ½ Uhr
Hausen morgens 10 Uhr
Lämmerspiel morgens 10 ½ Uhr
Dietesheim morgens 11 ½ Uhr
Mühlheim mittags 12 Uhr
Bieber mittags 1 Uhr
Heusenstamm mittags 2 Uhr
Obertshausen mittags 3 Uhr

 

Im Jahre 1871 wurde die erste Poststation für Hausen und Obertshausen eröffnet. In dem Gasthaus „Zur Post“ an der heutigen Ecke Bahnhof-/Max-Planck-Straße wurde von Jakob Hindelang auch ein Wirtshaus und eine Metzgerei betrieben. In Hausen erfolgte die Einrichtung einer Postagentur erst im Jahre 1912.

Um 1885 machte die Postkutsche dreimal wöchentlich in Obertshausen kurze Station. Auf diesen Nebenstrecken gab es meist nur halbbedeckte oder ganz offene Wagen. Die Kutschen waren rot angestrichen, wie es bei den Wagen der Thurn- und Taxis’schen Post üblich war. Die Eisenbahn setzte zu Beginn des 20. Jahrhunderts dieser beschaulich romantischen Zeit ein jähes Ende, war aber für die in den Städten arbeitenden Obertshausener Ortsbürger ein wahrer Segen. Konnte man sich nun des Morgens früh auf dem Weg zur Arbeit dem „Dampfross“ anvertrauen. Dem Personenzug, der gegen 7.45 Uhr in Obertshausen ankam, wurde mit Eröffnung der Bahnstrecke ab 1896 ein Postwagen angehängt, der das Postgut für die einzelnen Ortschaften mit sich führte. Auf jedem Bahnhof stand zu dieser Zeit ein Postbediensteter mit einem Stoßkarren bereit, um die Paket- und Briefpost in Empfang zu nehmen. Mitte der 1950er Jahre wurde die Beförderung mit den Postwagen eingestellt. Das Postgut wurde fortan mit Autotransportern den Postämtern direkt zugeführt.

Die alte Post wurde um 1940 deutlich erweitert. Neben dem Wirtshaus und der Metzgerei, kam nun auch ein Hotelbetrieb und, links unter der Terrasse, ein Bunker mit hinzu. Das stattliche Haus trug noch bis vor wenigen Jahren den Namen „Restaurant zur alten Post“.

In der ersten Hälfte der 1960er Jahre wurde in Obertshausen in der Beethovenstraße ein neues, modernes Postamt gebaut. In Hausen entstand es etwa zur gleichen Zeit an der Ecke Seligenstädter-/Schubertstraße.