O05 – Grenzstein des Deutschen Ordens von 1730
Anfang November 1983 ist im Zuge des Ausbaus der Bundesstraße 448 im Bereich Tannenmühle bei Brückenbauarbeiten ein Grenzstein des Deutschen Ordens aus der Rodau geborgen worden. Veranlasst wurde dies im Einvernehmen mit dem Magistrat der Stadt Obertshausen durch Landwirt und Stadtrat Georg Rudolph. Er war über die mutmaßliche Lagerstätte und den einstigen Standort des Steines, den Jugendliche ausgegraben und in den Bach gerollt hatten, durch den Heimatforscher, Rektor i. R. Josef Seuffert, informiert.
Die ersten Jahre nach seiner Bergung hat der Stein dann im städtischen Bauhof verbrachte. Als in den Jahren 1990 – 1992 das Werkstattmuseums neu entstand, sollte der Grenzstein im Versammlungsraum seine endgültige Bleibe finden.
Diese Pläne ließen sich aber leider nicht verwirklichen und so wurde der Stein für die nächsten Jahre im Museumsschuppen eingelagert, bis er 2016 seinen heutigen Standort im Museumshof fand. Somit ist er wieder zu einem sichtbaren Zeugnis für die ehemaligen Besitzungen des Deutschen Ordens in unserer Heimatstadt geworden.
Der Grenzstein Nr. 25 des Deutschen Ordens, Commende Frankfurt aus dem Jahr 1730 im Hof des Werkstattmuseums „Karl-Mayer-Haus“
Es ist allerdings nicht der erste Stein, der in der Gemarkung Hausen gefunden wurde.
Georg Rudoph hatte bereits vorher zwei auf seinem Grund stehende Grenzsteine geborgen. In einen Grenzstein meißelte er die Jahreszahl 1963, das Abschlussjahr der Hausener Flurbereinigung, ein und setzte ihn an die Einfahrt seines Anwesens „Wiesenhof“.
Der zweite Grenzstein befindet sich heute in der Lämmerspieler Straße, und wurde dort in eine Hauswand vermauert. Im Jahr 1979 fand der Imkermeister Georg Olschewski einen weiteren Stein, der an der Gemarkungsgrenze Hausen-Weiskirchen lag. Er steht heute im Lapidarium der Hayner Burg in Dreieichenhain.
Weitere Informationen von den beschriebenen sind auf der Seite „Steine in der Dreieich“ zu finden.
https://www.steine-in-der-dreieich.de/Grafenwald.html
Die Grenzsteine wurde nach einer Neuvermessung des Gräfenwaldes im Jahr 1730 als Gütersteine gesetzt, um die Grenzen des Besitzes zu markieren.
Unser Stein ist 99 Zentimeter hoch, der bearbeitete Teil 41 Zentimeter. Die Erkennungszeichen – hier das Deutschordenkreuz mit den Buchstaben C und F für „Commende (Niederlassung) Frankfurt“ im oberen Teil, darunter die Jahreszahl der Arbeitsausführung 1730 – waren stets nach der Seite gerichtet, wo der Besitz lag. Allein das Gewicht machte ein Verschieben fast unmöglich. Trotzdem baute man eine Sicherung für den Grenzpunkt ein, die nur den Steinsetzern und Feldgeschworenen bekannt waren.
Bei unserem Grenzstein wurden vier Tonscheiben in der Größe 6×6 cm gefunden, die das Deutschordenskreuz tragen. Diese Scheiben sind bei der Bergung des Steins gefunden worden. Leider ist uns über ihren weiteren Verbleib nichts bekannt.
Der Deutsche Orden, auch Deutschherrenorden oder Deutschritterorden, wurde während des dritten Kreuzzugs um das Jahr 1190 bei der Belagerung von Akkon im heutigen nördlichen Israel gegründet und 1198 in den Stand eines Ritterordens erhoben.
Nach der Zeit der Kreuzzüge eroberte der Deutsche Orden vor allem in Osteuropa und im Baltikum weite Gebiete. Er festigte so seine Macht und seinen politischen Einfluss – und damit war auch einiges an weltlichem Besitz verbunden. Das historische Deutschordenshaus im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen existiert nicht mehr, aber die aus dem Jahre 1269 stammende zugehörige Kirche ist noch vorhanden. Sie ist bis heute die einzige historische Kirche in Frankfurt, die nicht der Stadt gehört.
Wie kam der Deutsche Orden aber nun in den Besitzt des Gräfenwaldes?
Hier müssen wir in eine Zeit zurückgehen, in der Hausen und Obertshausen unter Eppsteinscher Herrschaft steht. Im Jahr 1328 konnten deshalb Philipp von Falkenstein-Münzenberg und seine Tochter Bertha dem Bruder Kreft, Komtur des „Teutschen Hauses“ zu Sachsenhausen den Gräfenwald bei Hausen zwecks Abhaltens eines „Jahresgedächtnisses“ verleihen. Wenige Jahre später, 1343, geht das Gebiet dann vollständig in den Besitz des Deutschen Ordens über. Rheingraf Philipp und seine Gattin Agnes verschenkten den Gräfenwald an den Orden mit der Verpflichtung, eine „Seelenmesse“ für sie lesen zu lassen.
Der „Gräfenwald“ dürfte wohl auch die älteste Besitzung des Deutschen Ordens in unserer Stadt sein. In den historischen Dokumenten taucht der Name in verschiedener Schreibweise auf: Gräbenwäldchen, Grävenwalt, Greffenwaldt, Grafenwald. Die wohl richtige Schreibweise ist also mit größter Wahrscheinlichkeit „Gräfenwald“. Dieser Name bezieht sich auf die oben beschriebenen Urkunden der dort genannten Eppsteinschen Grafen.
Das Gebiet wird im Jahr 1730 neu vermessen und ausgesteint. Demnach bestand südöstlich von Hausen und Obertshausen zur Gemarkungsgrenze Weiskirchen hin ein ca. 35 Hektar großes Waldgebiet, das im Norden vom Bauerbach (ursprünglicher Lauf) begrenzt wird, im Süden über die Straße zur Tannenmühle hinausgeht und im Osten sich an Wiesen anschließt, in deren Mitte die Rodau in unzähligen Windungen verläuft. Im Westen wird es durch die heutige Bürgermeister-Mahr-Straße begrenzt. Dieses Gebiet wird wegen der ursprünglichen Besitzverhältnisse Gräfenwald oder auch Gräbenwald genannt. Das heutige Naturschutzgebiet Gräbenwädchesfeld ist ein Teil dieses Gebiets.
Auf einer Karte des Gräfenwaldes sind alle Grenzsteine mit Nummern eingezeichnet. Sie wurde von Geometer Klein in den Jahren 1731 – 32 skizziert.
Die Karte kann im Archivinformationssystem Hessen abgerufen werden:
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/digitalisatViewer.action?detailid=v2341360&selectId=68005726
Die Fundorte der Steine lässt vermuten, dass es sich bei dem Stein im Museumshof um die Nummer 25, bei dem Stein im Dreieichmuseum um die Nummer 23 und bei den Steinen von Georg Rudolph um die Nummern 27 und 35 handelt.
Durch die Säkularisation wurde der Deutsche Orden Anfang des 19. Jahrhunderts von seinen Besitzungen enteignet. Der Gräfenwald konnte deshalb im Jahr 1811 an Hausener Bürger verkauft werden.