17. Oktober 2021

H12 – Die Untermühle

H12 Die Untermühle

Die Untermühle ist die ältere der beiden Hausener Mühlen und wird bereits im Jahre 1352 urkundlich erwähnt. In diesem Jahr verkauft ein „Kraft von Langsdorf, Edelknecht und Vogt des Amtes Steinheim die Mühle zu Hausen hinter der Sonne an das Kloster zu Seligenstadt“. Sicherlich ist die urkundliche Ersterwähnung jedoch nicht mit der Erstellung dieser Mühle identisch, eine zu verkaufende Mühle muss ja bereits erbaut worden sein. Wahrscheinlich datiert die Untermühle aber sogar bereits ins 12. Jahrhundert, das wäre ein Zeitraum von ungefähr zweihundert Jahren des Betriebs bevor eine schriftliche Erwähnung der Mühle stattgefunden hat. Da uns aus dieser Zeit wenige schriftliche Quellen vorliegen, ist allerdings das Fehlen eines früheren schriftlichen Belegs für die Existenz der Mühle auch nicht so überraschend. Es ist wahrscheinlich, dass die Untermühle bereits im 12. Jahrhundert entstanden ist. Sie gehört zum Besitztum der jeweiligen Herrschaft von Hausen, die sie in „Erbleihe“ vergibt. Über das Erbleihrecht ist folgendes zu sagen: der Beliehene, früher Beständer genannt, kann das Gut auf seine Nachkommen vererben. Mit Erlaubnis der Grundherren kann er es sogar verteilen. Einer der Erben muss jedoch den Pachtzins entrichten. Bleibt der Pächter mehr als drei Jahre mit dem Pachtzins im Rückstand, dann kann der Verleiher ihm das Gut entziehen. Zur Zeit der Schönbornsehen Herrschaft muss der Beständer der Untermühle alljährlich 9 Malter, 3 Simmer, 1 Kumpf und 3 Gescheid Korn als Pachtzins bei der Kellerei in Heusenstamm abliefern. Im Übrigen ist der Mühlenbeständer frei von Frondiensten, muss aber Dienstgeld und Bede entrichten. Stirbt er ohne Erben, so fällt das Anwesen an die Herrschaft zurück.

Nach dem Steinheimer Jurisdiktionalbuch von 1576 ist damals ein Hieronymus Glöckner Beständer der Untermühle. Nach dem Dreißigjährigen Krieg übernimmt eine Familie Arnold das Anwesen und bewirtschaftet es bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Durch Einheirat in die Familie Arnold wurde ein gewisser Johann Messer Untermüller, die Familie Messer betrieb die Untermühle bis in das Jahr 1850. Offenbar betrieben die Messermüller ihr Handwerk gut und eindrucksvoll, denn auf den Familiennamen Messer geht die inoffizielle Bezeichnung der Untermühle als Messermühle zurück. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wechselte die Untermühle mehrfach den Besitzer und gelangt über Johann Becker, Peter Bröder und Martin Schmiede im Jahr 1874 in den Besitz der Familie Ricker aus Weiskirchen. Der letzte Untermüller ist Peter Anton Schilp, dessen Ehefrau Juliane, geborene Koser, eine Verwandte des vorhergehenden Müllers Johann Peter Ricker ist. Seit dem Ersten Weltkrieg hat die Untermühle den Betrieb eingestellt.

Exkurs: Der Lauf der Rodau in unserem Gemarkungsgebiet

Die Rodau entspringt bei Rödermark-Urberach und mündet bei Mühlheim in den Main, auf ihrem Lauf durchzieht sie ein Gebiet, das im Laufe menschlicher Siedlungstätigkeit zum Ort bzw. heutigen Stadtteil Hausen geworden ist. Seitengewässer dieses Baches sind der vom Hengster kommende Bauerbach und der in der Fasanerie entspringende Schwarzbach. In der Hausener Gemarkung wurde das Bett der Rodau mehrmals verlegt. In ihrem ursprünglichen Lauf betrieb sie vermutlich seit dem 13. Jahrhundert die „Untermühle“ oder „Messermühle“. Um 1500 sollte sie eine zweite Mühle treiben. Deshalb wurde ihr Lauf geändert und ihr Bett auf einen kleinen künstlichen, etwa 500 Meter langen Damm verlegt, der das Wasser zur neuen Mühle, der „Obermühle“, führte. Von dort floss die Rodau zur „Untermühle“.

Weil die Rodau nun auf einem Damm lag, konnte der Bauerbach nicht mehr in sie einmünden. Er wurde durch den Damm an der „Wasserstube“ hindurchgeführt, (siehe Skizze) und zum alten Rodaubett geleitet.

Aus finanziellen Gründen wurde die Rodau 1958 in östlicher Richtung verlegt. Es wäre sonst ein zweiter Brückenbau in der Mühlstraße nötig geworden. Aus diesem Grund wurden am 2. 5. 1958 die privaten Wassernutzungsrechte (vor allem die des Obermüllers) durch die Gemeinde Hausen ab­ gelöst).

Die Flurbereinigung gab der Rodau noch einmal ein neues Bett. Sie rückte ganz nach Osten und bildet seit dem 23. Dezember 1963 die Gemarkungsgrenze nach Klein-Auheim und Steinheim.

2003 wurde mit der Renaturierung des Rodau-Unterlaufs begonnen. Heute windet sich die Rodau zwischen Rodgau-Weiskirchen und Mühlheim am Main wieder in einem „natürlichen“ Bachbett. Seit der Renaturierung hat die Artenvielfalt zugenommen. Anstatt nur fünf sind nun zehn Fischarten beobachtet worden: unter anderen Gründling, Dreistachliger Stichling, Schmerle, Döbel, Hasel und Giebel. Vor allem die „Wasser-Land-Verzahnung“ und die „Unterwasserlandschaft“ wurden verbessert. An den Ufern beginnt sich eine naturnahe Ufervegetation zu entwickeln.

Trotzdem stufte das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie die Rodau 2009 gemeinsam mit der Bieber zu den „am stärksten verschmutzten Gewässern in Hessen“ ein. So führe der Bach einen extrem hohen Anteil von geklärtem Wasser. Die Gewässergüteklasse entspräche der Stufe III bis IV (sehr stark verschmutzt). Dabei gehe es weniger um die tatsächliche Qualität des Wassers, sondern um das Verhältnis von natürlichem Bachwasser zu geklärtem Wasser. Das Landesamt empfiehlt daher, nicht im Bach zu baden. Kleinkrebse oder kleine Schnecken fänden sich, so das Landesamt, nur in eingeschränkter Zahl in der Rodau. Für Kieselalgen seien die Lebensbedingungen ebenfalls eher ungünstig. (Quelle: Wikipedia) .

Die Renaturierungsmaßnahmen wurden mit Mitteln aus einer Ausgleichszahlung in Höhe von 1,2 Millionen DM (ca. 610 .000 Euro) finanziert, die für den Eingriff in das Naturschutzgebiet Hengster wegen des Baus der Umgehungsstraße L 3117 Anfang der 1990er Jahre geleistet wurde. Der BUND hatte aus diesem Grund mit einer Klage gegen den Bau gedroht, die so abgewendet werden konnte.